Gedichte über Alleen und Lieder über Bäume
Drunten in der grünen Au (Volkslied)
Volkslied aus Österreich
Refrain:
Drunten in der grünen Au steht ein Birnbaum, trägt Laub, fi-de-ro!
Drunten in der grünen Au steht ein Birnbaum, trägt Laub.
Was wächst an dem Baum?
Ein wunderschöner Ast!
Ast an dem Baum, Baum in der Au.
Was wächst an dem Ast?
Ein wunderschöner Zweig!
Zweig an dem Ast, Ast an dem Baum, Baum in der Au.
Was ist auf dem Zweig?
Ein wunderschönes Nest!
Nest auf dem Zweig, Zweig an dem Ast, Ast an dem Baum, Baum in der Au.
Was ist in dem Nest?
Ein wunderschönes Ei!
Ei in dem Nest, Nest auf dem Zweig, Zweig an dem Ast, Ast an dem Baum, Baum in der Au.
Was ist in dem Ei?
Ein wunderschöner Vogel!
Vogel in dem Ei, Ei in dem Nest, Nest auf dem Zweig, Zweig an dem Ast, Ast an dem Baum, Baum in der Au.
Was hat denn der Vogel?
Gar wunderschöne Federn!
Federn an dem Vogel, Vogel in dem Ei, Ei in dem Nest, Nest auf dem Zweig, Zweig an dem Ast, Ast an dem Baum, Baum in der Au.
Was wird aus den Federn?
Ein wunderschönes Bett!
Bett aus den Federn, Federn an dem Vogel, Vogel in dem Ei, Ei in dem Nest, Nest auf dem Zweig, Zweig an dem Ast, Ast an dem Baum, Baum in der Au.
Wer liegt in dem Bett?
Ein wunderschönes Dirndl!
Dirndl in dem Bett, Bett aus den Federn, Federn an dem Vogel, Vogel in dem Ei, Ei in dem Nest, Nest auf dem Zweig, Zweig an dem Ast, Ast an dem Baum, Baum in der Au.
(... lässt sich noch fortsetzen ...)
Der Knabe und sein Vater (Pfeffel)
Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809)
Ein Knabe aß, wie viele Knaben,
Die Datteln für sein Leben gern,
Und um des Guten viel zu haben,
So pflanzt' er einen Dattelkern
In seines Vaters Blumengarten.
Der Vater sah ihm lächelnd zu
Und sagte: "Datteln pflanzest du?
O Kind, da musst du lange warten!
Denn wisse, dieser edle Baum
Trägt oft nach zwanzig Jahren kaum
Die ersten seiner süßen Früchte."
Karl, der sich dessen nicht versah,
Hielt ein, mit stutzigem Gesichte.
"Ei!" sprach er endlich zum Papa:
"Das Warten soll mich nicht verdrießen!
Belohnt die Zeit nur meinen Fleiß,
So kann ich ja dereinst als Greis,
Was jetzt der Knabe pflanzt, genießen."
Ein Lied vom Reiffen (Claudius)
Matthias Claudius (1740-1815)
Seht meine lieben Bäume an,
Wie sie so herrlich stehn,
Auf allen Zweigen angetan
Mit Reiffen wunderschön!
Von unten an bis oben 'naus
Auf allen Zweigelein
Hängts weiß und zierlich, zart und kraus,
Und kann nicht schöner sein;
Und alle Bäume rund umher
All alle weit und breit
Stehn da, geschmückt mit gleicher Ehr,
In gleicher Herrlichkeit.
Und sie beäugeln und besehn
Kann jeder Bauersmann,
Kann hin und her darunter gehn,
Und freuen sich daran.
Auch holt er Weib und Kinderlein
Vom kleinen Feuerherd,
Und marsch mit in den Wald hinein!
Und das ist wohl was wert.
Einfältiger Naturgenuß
Ohn' Alfanz drum und dran
Ist lieblich, wie ein Liebeskuß
Von einem frommen Mann.
Ihr Städter habt viel schönes Ding,
Viel Schönes überall,
Kredit und Geld und golden Ring,
Und Bank und Börsensaal;
Doch Erle, Eiche, Weid' und Ficht'
Im Reiffen nah und fern –
So gut wirds euch nun einmal nicht,
Ihr lieben reichen Herr'n!
Das hat Natur, nach ihrer Art
Gar eignen Gang zu gehn,
Uns Bauersleuten aufgespart,
Die anders nicht verstehn.
Viel schön, viel schön ist unser Wald!
Dort Nebel überall,
Hier eine weiße Baumgestalt
Im vollen Sonnenstrahl
Lichthell, still, edel, rein und frei,
Und über alles fein! –
O aller Menschen Seele sei
So lichthell und so rein!
Wir sehn das an, und denken noch
Einfältiglich dabei:
Woher der Reif, und wie er doch
Zustande kommen sei?
Denn gestern abend, Zweiglein rein!
Kein Reiffen in der Tat! –
Muß einer doch gewesen sein
Der ihn gestreuet hat.
Ein Engel Gottes geht bei Nacht,
Streut heimlich hier und dort,
Und wenn der Bauersmann erwacht,
Ist er schon wieder fort.
Du Engel, der so gütig ist,
Wir sagen Dank und Preis.
O mach uns doch zum heil'gen Christ
Die Bäume wieder weiß!
Das Liedlein vom Kirschbaum (Hebel)
Johann Peter Hebel (1760-1826)
Der lieb Gott het zum Früehlig gseit:
"Gang, deck im Würmli au si Tisch!"
Druf het der Chriesbaum Blätter treit,
vil tausig Blätter grün und frisch.
Und 's Würmli us em Ei verwacht's,
s het gschlofen in sim Winterhus.
Es streckt si, und sperrt 's Müüli uf
und ribt die blöden Augen us.
Und druf se het's mit stillem Zahn
am Blättli gnagt enanderno
und gseit: "Wie isch das Gmües so guet!
Me chunnt schier nimme weg dervo."
Und wieder het der lieb Gott gseit:
"Deck jez im Immli au si Tisch."
Druf het der Chriesbaum Blüte treit,
viel tausig Blüte wiiß und frisch.
Und 's Immli sieht's und fliegt druf los,
früeih in der Sunne Morgeschin.
Er denkt: "Das wird mi Caffi si;
si henn doch chosper Porzelin.
Wie sufer sin die Chächeli gschwenkt."
Es streckt si troche Züngli dri.
Es trinkt und seit: "Wie schmeckt's so süß,
do muß der Zucker wohlfel si."
Der lieb Gott het zum Summer gseit:
"Gang, deck im Spätzli au si Tisch!"
Druf het der Chriesbaum Früchte treit,
viel tausig Chriesi rot und frisch.
Und 's Spätzli seit: "Isch das der Bricht?
Do sitzt me zu, und frogt nit lang.
Das git mer Chraft in Mark und Bei
und stärcht mer d' Stimm zum neue Gsang."
Der lieb Gott het zum Spötlig gseit:
"Ruum ab, sie hen jez alli gha!"
Druf het e chüele Bergluft gweiht,
und 's het scho chleini Rife gha.
Und d' Blättli werde gel und rot
und fallen eis im andere no,
und was vom Boden obsi chunnt,
mueß au zum Bode nidsi go.
Der lieb Gott het zum Winter gseit:
"Deck weidli zu, was übrig ist."
Druf het der Winter Flocke gstreut -
Der Wald (Brun)
Friederike Brun (1765-1835)
Nimm mich in kühligen, schattigen Arm,
Säuselnder Hain!
Fern von rauschender Freuden Schwarm,
Ungestört vom nagenden Harm,
Will ich deiner mich freu'n.
Lieblich strömt von den Gipfeln herab
Wallender Duft;
Langsam ans moosige Ufer hinab,
Rollen die murmelnden Wellen ins Grab,
Spiegelschimmernder Luft.
O Natur! wie bist du so schön;
Lieblich und hehr
Deine verjüngende Schönheit zu sehn,
So durch's Leben lächelnd zu gehn,
Mit der Unschuld daher!
Unschuld nur, und du, o Natur!
Seliges Band!
Ihr versüßet das Leben uns nur;
Stets will ich folgen der blumigen Spur
Mit der Lieb' an der Hand!
Einkehr (Uhland)
Ludwig Uhland (1787-1862)
Bei einem Wirte wundermild
Da war ich jüngst zu Gaste.
Ein goldner Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.
Es war der gute Apfelbaum
Bei dem ich eingekehret
Mit süßer Kost und frischem Schaum
Hat er mich wohl genähret.
Es kamen in sein grünes Haus
Viel leichtbeschwingte Gäste
Sie sprangen frei und hielten Schmaus
Und sangen auf das Beste.
Ich fand ein Bett in süßer Ruh
Auf weichen, grünen Matten
Der Wirt er deckte selbst mich zu
Mit seinem kühlen Schatten.
Nun fragt ich nach der Schuldigkeit.
Da schüttelt er den Wipfel
Gesegnet sei er allezeit
von der Wurzel bis zum Gipfel.
Tulpenflor (Eichendorff)
Joseph von Eichendorff (1788-1857), vertont von Hans Pfitzner
Es glänzt der Tulpenflor, durchschnitten von Alleen,
Wo zwischen Taxus still die weißen Statuen stehen,
Mit goldnen Kugeln spielt die Wasserkunst im Becken,
Im Laube lauert Sphinx, anmutig zu erschrecken.
Die schöne Chloe heut spaziert in dem Garten,
Zur Seit ein Kavalier, ihr höflich aufzuwarten,
Und hinter ihnen leis Cupido kommt gezogen,
Bald duckend sich im Grün, bald zielend mit dem Bogen.
Es neigt der Kavalier sich in galantem Kosen,
Mit ihrem Fächer schlägt sie manchmal nach dem Losen,
Es rauscht der taftne Rock, es blitzen seine Schnallen,
Dazwischen hört man oft ein artges Lachen schallen.
Jetzt aber hebt vom Schloss, da sich´s im West will röten,
Die Spieluhr schmachtend an, ein Menuett zu flöten,
Die Laube ist so still, er wirft sein Tuch zur Erde
Und stürzet auf ein Knie mit zärtlicher Gebärde.
"Wie wird mir, ach, ach, ach, es fangt schon an zu dunkeln" -
"So angenehmer nur seh ich zwei Sterne funkeln" -
"Verwegner Kavalier!" - "Ha, Chloe, darf ich hoffen?" -
Da schießt Cupido los und hat sie gut getroffen.
Der Lindenbaum (Müller)
Wilhelm Müller (1794-1827), vertont von Franz Schubert
Am Brunnen vor dem Tore
Da steht ein Lindenbaum;
Ich träumt' in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde
So manches liebe Wort;
Es zog in Freud' und Leide
Zu ihm mich immer fort.
Ich mußt' auch heute wandern
Vorbei in tiefer Nacht,
Da hab' ich noch im Dunkeln
Die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier find'st du deine Ruh'!
Die kalten Winde bliesen
Mir grad' ins Angesicht;
Der Hut flog mir vom Kopfe,
Ich wendete mich nicht.
Nun bin ich manche Stunde
Entfernt von jenem Ort,
Und immer hör' ich's rauschen:
Du fändest Ruhe dort!
Sehnsucht (Heine)
Heinrich Heine (1797-1856)
Jedweder Geselle, sein Mädel am Arm,
Durchwandelt die Lindenreihn;
Ich aber, ich wandle, dass Gott erbarm,
Ganz mutterseelenallein.
Mein Herz wird beengt, mein Auge wird trüb,
Wenn ein andrer mit Liebchen sich freut.
Denn ich habe auch ein süßes Lieb,
Doch wohnt sie gar ferne und weit.
So manches Jahr ich getragen hab,
Ich trage nicht länger die Pein,
Ich schnüre mein Bündlein, und greife den Stab,
Und wandr in die Welt hinein.
Und wandre fort manch hundert Stund,
Bis ich komm an die große Stadt;
Sie prangt an eines Stromes Mund,
Drei keckliche Türme sie hat.
Da schwindet bald mein Liebesharm,
Da harret Freude mein;
Da kann ich wandeln, feins Liebchen am Arm,
Durch die duftigen Lindenreihn.
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland (Fontane)
Theodor Fontane (1819-1898)
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll.
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: "Junge, wiste 'ne Beer?"
Und kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn".
So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: "Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab."
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Bündner mit Feiergesicht
Sangen "Jesus meine Zuversicht".
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
"He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?"
So klagten die Kinder. Das war nicht recht -
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was er damals tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.
Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: "Wiste 'ne Beer?"
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: "Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn."
So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.
Die Gäste der Buche (Baumbach)
Rudolf Baumbach (1840-1905)
Mietegäste vier im Haus
Hat die alte Buche.
Tief im Keller wohnt die Maus,
Nagt am Hungertuche.
Stolz auf seinen roten Rock
Und gesparten Samen
Sitzt ein Protz im ersten Stock;
Eichhorn ist sein Namen.
Weiter oben hat der Specht
Seine Werkstatt liegen,
Hackt und zimmert kunstgerecht,
Daß die Späne fliegen.
Auf dem Wipfel im Geäst
Pfeift ein winzig kleiner
Musikante froh im Nest.
Miete zahlt nicht einer.
Im Sommer (Seidel)
Heinrich Seidel (1842-1906)
O komm mit mir aus dem Gewühl der Menge,
Aus Rauch und Qualm und tobendem Gedränge
Zum stillen Wald,
Dort wo die Wipfel sanfte Grüße tauschen
Und aus der Zweige sanft bewegtem Rauschen
Ein Liedchen schallt.
Dort zu dem Quell, der durch die Felsen gleitet
Und dann zum Teich die klaren Wasser breitet,
Führ´ ich dich hin.
In seinem Spiegel schau die stolzen Bäume
Und weisse Wolken, die wie sanfte Träume
Vorüber ziehn.
Dort lass uns lauschen auf der Quelle Tropfen
Und auf der Spechte weit entferntes Klopfen
Mit uns allein.
Dort wollen wir die laute Welt vergessen,
An unsrem Herzschlag nur die Stunden messen
Und glücklich sein!
Der Vugelbeerbaam (Schreyer)
August Max Schreyer (1845-1922) schuf 1887 eines der bekanntesten Erzgebirgslieder
Refrain:
Ei-ja, ei-ja, wie ann Vugelbeerbaam, ann Vugelbeerbaam, ann Vugelbeerbaam,
ei-ja, ei-ja, wie ann Vugelbeerbaam, ann Vugelbeerbaam, ei-ja!
Kann schönnern Baam gibt’s wie ann Vugelbeerbaam,
Vugelbeerbaam, Vugelbeerbaam,
es kaa ahh su lecht net ann schönnern Baam gabn,
schönnern Baam gabn, ei-ja!
Ben Kanner sann Haus stieht ann Vugelbeerbaam,
Vugelbeerbaam, Vugelbeerbaam,
do sitzt unnern Kanner sei Weibel dernaabn,
Weibel dernaabn, ei-ja!
Nu loßt se när sitzen, se schläft ja derbei,
schläft ja derbei, schläft ja derbei,
un hot se verschlofen, do huln mer se rei,
huln mer se rei, ei-ja!
Un wenn ich gestorbn bi, ich waar‘ sch net derlaabn,
waar‘ sch net derlaabn, waar‘ sch net derlaabn,
do pflanzt of menn Grob fei ann Vugelbeerbaam,
Vugelbeerbaam, ei-ja!
Die zwei Wurzeln (Morgenstern)
Christian Morgenstern (1871-1914)
Zwei Tannenwurzeln groß und alt
unterhalten sich im Wald.
Was droben in den Wipfeln rauscht,
das wird hier unten ausgetauscht.
Ein altes Eichhorn sitzt dabei
und strickt wohl Strümpfe für die zwei.
Die eine sagt: knig. Die andre sagt: knag.
Das ist genug für einen Tag.
Die Allee (Morgenstern)
Christian Morgenstern (1871-1914)
Ich liebe die graden Alleen
mit ihrer stolzen Flucht.
Ich meine sie münden zu sehen
in blauer Himmelsbucht.
Ich bin sie im Flug zu Ende
und land' in der Ewigkeit.
Wie eine leise Legende
verklingt in mir die Zeit.
Mein Flügel atmet Weiten,
die Menschenkraft nicht kennt:
Groß aus Unendlichkeiten
flammt furchtbar das Firmament.
Herbsttag (Rilke)
Rainer Maria Rilke (1875-1926)
Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Nebel (Guggenmos)
Joseph Guggenmos (1922-2003)
Verloren im Nebelmeer
bin ich gefangen durch die Allee, bedachtsam sehr.
Schweigen rings um mich her.
Nichts war zu vernehmen. Nur dies
Knistern ab und zu auf dem Kies.
Ich wusste, das waren
meine Füsse. Sie suchten da unten ihren Weg, die unsichtbaren.
Und einmal ein leises Flüstern, links, nah.
Ein Ahorn in der Ahornallee fragte den andern: Bist du noch da?
Moorbirken (Geiser)
Gerd Geiser (mit bestem Dank für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung)
Gefährlich war´s früher, durchs Moor zu gehn.
Frag nur die Birken, sie haben gesehn,
wie mancher Versuch, hier Fuß zu fassen,
jählings gescheitert. - Entsetzen! Erblassen!
Der Boden war einfach zu feucht und zu weich.
Die Birken sind heute noch kreidebleich.
Sommerregen (Bydlinski)
(c) beim Autor, www.georg-bydlinski.at
Die Bäume sind nass vom Kopf bis zum Zeh.
Ich wandere barfuß durch die Allee.
Die Wiese ist sumpfig, der Weg ist ein Bach,
es trommeln die Tropfen aufs Gartenhausdach.
Ich wandere barfuß. Das Gras kitzelt so.
Was ich hier mache? Nass sein und froh!