Varianten zur Loreley
Clemens Brentano, 1802
Lore Lay
Zu Bacharach am Rheine
Wohnt eine Zauberin,
Sie war so schön und feine
Und riß viel Herzen hin.
Und brachte viel zu schanden
Der Männer ringsumher,
Aus ihren Liebesbanden
War keine Rettung mehr!
Der Bischof ließ sie laden
Vor geistliche Gewalt,
Und mußte sie begnaden,
So schön war ihr’ Gestalt!
Er sprach zu ihr gerühret:
"Du arme Lore Lay!
Wer hat dich denn verführet
Zu böser Zauberei?" -
"Herr Bischof, laßt mich sterben,
Ich bin des Lebens müd’,
Weil jeder muß verderben,
Der meine Augen sieht!
Die Augen sind zwei Flammen,
Mein Arm ein Zauberstab -
O legt mich in die Flammen,
O brechet mir den Stab!" -
"Ich kann dich nicht verdammen,
Bis du mir erst bekennt,
Warum in diesen Flammen
Mein eigen Herz schon brennt! -
Den Stab kann ich nicht brechen,
Du schöne Lore Lay,
Ich müßte dann zerbrechen
Mein eigen Herz entzwei!"
"Herr Bischof, mit mir Armen
Treibt nicht so bösen Spott
Und bittet um Erbarmen
Für mich den lieben Gott!
Ich darf nicht länger leben,
Ich liebe keinen mehr,
Den Tod sollt Ihr mir geben,
Drum kam ich zu Euch her!
Mein Schatz hat mich betrogen,
Hat sich von mir gewandt,
Ist fort von hier gezogen,
Fort in ein fremdes Land!
Die Augen sanft und wilde,
Die Wangen rot und weiß,
Die Worte still und milde,
Die sind mein Zauberkreis!
Ich selbst muß drin verderben,
Das Herz thut mir so weh,
Vor Schmerzen möcht’ ich sterben,
Wenn ich mein Bildnis seh’.
Drum laßt mein Recht mich finden,
Mich sterben wie ein Christ,
Denn alles muß verschwinden,
Weil er nicht bei mir ist!"
Drei Ritter läßt er holen:
"Bringt sie ins Kloster hin!
Geh, Lore! Gott befohlen
Sei dein berückter Sinn!
Du sollst ein Nönnchen werden,
Ein Nönnchen schwarz und weiß,
Bereite dich auf Erden
Zu deines Todes Reis’!"
Zum Kloster sie nun ritten
Die Ritter alle drei,
Und traurig in der Mitten
Die schöne Lore Lay.
"O Ritter, laßt mich gehen
Auf diesen Felsen groß,
Ich will noch einmal sehen
Nach meines Lieben Schloß!
Ich will noch einmal sehen
Wohl in den tiefen Rhein
Und dann ins Kloster gehen
Und Gottes Jungfrau sein!"
Der Felsen ist so jähe,
So steil ist seine Wand,
Doch klimmt sie in die Höhe,
Bis daß sie oben stand.
Es binden die drei Reiter
Die Rosse unten an
Und klettern immer weiter
Zum Felsen auch hinan.
Die Jungfrau sprach: "Da gehet
Ein Schifflein auf dem Rhein,
Der in dem Schifflein stehet,
Der soll mein Liebster sein!
Mein Herz wird mir so munter,
Er muß mein Liebster sein!" -
Da lehnt sie sich hinunter
Und stürzet in den Rhein.
Die Ritter mußten sterben,
Sie konnten nicht hinab,
Sie mußten all’ verderben
Ohn’ Priester und ohn’ Grab.
Wer hat dies Lied gesungen?
Ein Schiffer auf dem Rhein,
Und immer hat´s geklungen
Von dem drei Ritterstein:
Lore Lay!
Lore Lay!
Lore Lay!
Als wären es meiner Drei.
Clemens Brentano, 1811
Lureley
Singet leise, leise, leise,
Singt ein flüsternd Wiegenlied,
Von dem Monde lernt die Weise,
Der so still am Himmel zieht.
Denn es schlummern in dem Rheine
Jetzt die lieben Kindlein klein,
Amelya wacht alleine
Weinend in dem Mondenschein.
Singt ein Lied so süß gelinde,
Wie die Quellen auf den Kieseln,
Wie die Bienen um die Linde
Summen, murmeln, flüstern, rieseln.
Joseph von Eichendorff, 1812
Waldesgespräch
Es ist schon spät, es ist schon kalt,
Was reit'st du einsam durch den Wald?
Der Wald ist groß, du bist allein,
Du schöne Braut, ich führ' dich heim!
"Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh, Du weißt nicht wer ich bin!"
So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn' ich dich - Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Lorelay.
"Du kennst mich wohl - vom hohen Stein
Schaut still mein Schloß in tiefen Rhein;
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!"
Achim von Arnim, 1813
Der Pfalzgraf und die sieben Jungfern-Leien bei Oberwesel
Auf einem Felsensteine
Steht, wie ein Körnlein Salz,
So eckig weiß im Rheine,
Ein Schloß, das heißt die Pfalz,
Und rings in dem Kessel von Felsen
Da wirbelt die Flut noch am Grund;
Ich rat es euch Wagehälsen,
Verbrennet euch nicht den Mund,
Es glänzen da sieben Türme
Von sieben Strudeln bewacht,
Und wie der Feind sie stürme,
Der alte Türmer lacht;
Die alten Salme lauern
Auf frischer Helden Mut,
Und wenn die Bräute trauern,
Da füttern sie ihre Brut.
Wenn sich ein Schiffer will retten,
Dann wirft der Türmer fromm
Ums Schiff die stärksten Ketten,
Daß er hinüber komm,
Und zeigt ihm da die Türe,
Doch wer nicht fliegen kann,
Der braucht der Leitern viere,
Eh er zur Tür hinan.
Und ist er eingetreten,
Da stehn vier eiserne Mann,
Die stechen, eh er kann beten,
Hält sie der Türmer nicht an;
Sie scheuen keinen Degen
Und haben doch kein Herz,
Stahlfedern sie bewegen,
Sie sind gegossen aus Erz.
Und ist er da vorüber
Im grünen ummauerten Platz,
Der wird unendlich lieber
Bei einem Herzensschatz;
Da fließt ein Brünnlein helle,
Das wie ein Silber rein,
Wie auch der Rhein anschwelle
Von irdisch gelbem Schein.
Der Blumen stehen da viele
Am schwarzen Gemäuer entlang
Und eine kleine Mühle
Steht mitten in dem Gang;
Da sitzet auf einem Löwen
Des letzten Grafen Sohn,
An solchen gefährlichen Höfen
Ist das der sicherste Thron.
Die Zimmer des Schlosses sind enge,
Gewölbt von schimmerndem Stein,
Und reiches Silbergepränge
Behängt sie mit flammendem Schein
Da glänzen des Hauses Schätze,
In stiller Sicherheit,
Des Hauses Schwerter ich wetze
Im Rüstsaal von Zeit zu Zeit.
Ich sag ihm von Vater und Mutter
Und von des Unsterns Nacht,
Das ist ein Helden-Futter
Das nährt des Herzens Macht,
Da sieht er in die Schrecken
Wie in Alltäglichkeit,
Und läßt sich nimmer necken
Von falscher Sorglichkeit
Die Mutter hatte erwählet
Das Schloß zum Wochenbett,
Es war ihr Herz gequälet
Von einer Hexe Gespött,
Die hatte ihr verkündet,
Eh sie zu Kaub verbrannt;
Das Kind, was dich geründet,
Das fällt in fremde Hand.
Die Schmerzen das Kind entdecken,
Die Gräfin weint in der Nacht,
Sie mag den Grafen nicht wecken,
Der müd von der Bärenjagd:
Der Gräfin nahen die Wehen,
Sie läufet zum Brunnen im Schloß
Sie möchte den Himmel noch sehen
Und siehet der Hölle Genoß.
Die Höll hat den Stern geboren,
Gestaltet wie ein Schwert,
Die Gräfin hat Blumen erkoren,
Die sie mit Tränen genährt;
Ein Unstern schlägt viel Wunden
Eh er das Schwert eingesteckt,
Die Gräfin hat Kränze gewunden
Und also den Grafen erweckt.
Zur Jungfrau von Bornhofen
Zieh heute, ich fürchte den Stern
Zu ihr ist all mein Hoffen,
Ich bet zu ihr so gern,
Ich trag ihr Bild im Herzen,
Sie schützt mein Kindlein klein,
Und deine Augen sind Kerzen,
Ihr brennend zum Ehrenschein.
Sie setzt dem Grafen die Kränze,
Es waren sieben aufs Haupt,
Auf daß er herrlich drin glänze,
Das war ihr nicht erlaubt;
Denn was zu der Jungfrau Ehren,
Das bleibe auch ihr allein,
Wie kann sie Bitten gewähren
Um Opfer, die nicht rein.
Ach welch ein bittres Leiden
Wenn von dem Herren die Frau
In Kindesnöten soll scheiden,
Ob sie ihn wiederschau.
Er läßt sich herab zum Nachen
Und führt ihn ganz allein,
Wo sich die Wellen brachen,
Da kennt er jeden Stein;
Er freuet sich der Fluten
Er schlägt sie mit starker Hand
Mit Rudern wie mit Ruten
Sie spiegeln des Unsterns Brand.
Er kennet den Ruf der Schlösser
Der Türmer Losungsgeschrei,
Die nächtlichen Feuer der Flößer,
Der Unstern ist ihm neu,
Ihn freuet des Sternes Gepränge
Der Pilger Singen am Strand,
Es sind ihm freudige Klänge
Was Furcht zum Himmel gesandt.
Denn überall am Rheine
Verkünden das Ende der Welt
Die falschen Propheten beim Weine
Und keinem das Scheiden gefällt;
Oh Nacht vorm jüngsten Tage
Wie wirst du zugebracht?
Die meisten erschreckt die Sage,
Der Pfalzgraf sie verlacht
Er ist so sicher in Kräften,
So herrlich von Angesicht
So glücklich in allen Geschäften,
Des Flammensterns achtet er nicht.
Frech blickt er nach jener Auen,
Da stand ein heiliges Haus
Wo jetzt die Vögel bauen
Und singen zu Gott heraus,
Auf jenem Taubenwörthe
Das Turteltäubelein lacht,
Vor Zeiten der Schiffer hörte,
Die Nonnen in dunkler Nacht.
Die Nonnen vorm jüngsten Tage
Erschrecken im heiligen Haus,
Die Gitter sind ihnen zur Plage,
Sie laufen alle hinaus;
Sie meinen im großen Lärmen,
Da hör es nicht der Herr,
Was sie noch sündgen und schwärmen
Und ihnen den Himmel aufsperr.
Weil seicht die Ufer dort waren,
Sie warfen sich in den Rhein
Sie sahen ein Schifflein fahren
Der Pfalzgraf saß darein
Sie sprangen ihm wie Syrenen
Rings um des Schiffes Rand,
Sie sahen den kräftig Schönen,
Sein Ruder stille stand.
Er könnte wohl noch entfliehen,
Doch fehlt ihm jetzt die Kraft,
Es sind die Nonnen sieben,
Er ist in ihrer Haft:
Käth, Lise, Lore, Anne
Madlene, Gertrud, Fränz,
Sie bitten bei dem Manne
Um der Gräfin schöne Kränz.
"Der Jungfrau soll ich sie bringen,
Sie sind euch alle zu groß
Ihr dürft sie doch nicht schwingen,
Ihr seid zu nackt und bloß!" -
"Wir dürfen sie heut wohl schwingen
Wir dürfen dich küssen dafür,
Kein Bischof kann mehr uns bezwingen,
Weil jüngster Tag vor der Tür."
Der Pfalzgraf wollt sie doch sehen,
Da ging er ach sechs mal so schnell,
Sein Herz und das Ruder blieb stehen,
Der Unstern schien so hell
Sie traten so künstlich das Wasser
Und schwankten mit ihrer Brust,
Es schien der Mond viel blasser.
Die Sterne blinzelten Lust.
Sie stacken mit ihren Händen
Die sieben Kränze ihm ab,
Dies Ringelrennen wird enden
In einem dunklen Grab.
Er gab da sieben Küsse
Und tat es dann jeder kund:
"Ach daß ich stets vermisse
Der Gräfin roten Mund."
"Fein Gold ist ein Kuss der Reinen
Wie bleibeschwert euer Kuss
O möchtet ihr ersteinen
Daß jeder euch fliehen muß
Daß alle Schiffer schreien,
Die euch von fern erblickt,
Da sind die sieben Leien
Die unsern Grafen berückt."
Die wilden Mädchen weinen,
Als er sie so verflucht,
Und in dem Schmerz versteinen,
Wo sie den Grafen versucht;
Er wollt sie nicht mehr sehen
Und schaut sich nicht mehr um,
Die Jungfer Leien noch stehen
Bei Wesel im Kreis herum.
Er kommt in bitterm Zürnen
Zum Muttergottesbild,
Sie liest auf seiner Stirnen,
Was ihm im Herzen schilt,
Ihn reut, daß er geküsset
Die sieben schnöden Weib,
Da er nun eingebüßet,
Die Kränze im Zeitvertreib.
Die Heilige wendet die Augen
Und sieht ihn gar nicht an,
Er will Verstellung brauchen,
Da frägt sie den trotzigen Mann;
"Wo sind die Kränze geblieben,
Die deine Frau mir verehrt,
Es waren der Kränze sieben,
Womit sie dein Haupt hat beschwert"
"Ich ließ die Kränze fallen
Aus Schrecken in den Rhein,
Wo seine Wasser wallen,
Wie erster junger Wein!"
"Du hast mir Lügen vertrauet,
Dein Weib hat alles geklagt,
Sie hat schon vom Himmel geschauet
Als du die Kränze verbracht." -
Ich stand an wilden Bächen
Die stürzten in den Rhein,
Die Ruder ihm zerbrechen,
Bei heller Blitze Schein;
Was hält den armen Ritter
Hier mitten in dem Rhein,
Daß seines Nachens Splitter
Zerspringen am Felsenstein?
Es sind die sieben Frauen
Die er geküsset im Rhein,
Ihr könnet sie noch schauen
Bei niederem Wasser als Stein.
Es halten ihn ihre Arme
Noch in dem Sturme fest,
Ach daß sich Gott erbarme
Da ihn sein Mut verläßt;
Die Ruder sind gebrochen
Jetzt rudert er mit dem Schwert,
Nun hat er das Herz sich zerstochen,
Es war ihm grambeschwert.
Es wollte sich verbergen
Der Unstern in dem Rhein
Ich stand auf hohen Bergen
Ich sah, er fiel hinein.
Er löschte in den Fluten
Wie eine Kohle aus,
Da schien der Rhein zu bluten
Es brannte das heilge Haus.
Und bis aus den sieben Leien
Ein Kirchlein dem Herrn erbaut,
Da muß dem Verderben sich weihen
Der Schiffer, der ihnen vertraut.
Die Reichen bauen Paläste
Und bauen dem Herren kein Haus,
Und wären doch gerne Gäste
Beim ewigen Lebensschmaus.
Heute denk ich selbst der Lehre,
Wie oft hab ich gefehlt,
Oft dacht ich an Gottes Ehre
Hab meine Freuden erzählt;
Wollt oft im frommen Liede
Zur Kirche ihm bauen mein Herz.
Und ward des Ernstes müde,
Sang lauter Buhlenscherz.
Otto Heinrich Graf von Loeben, 1821
Der Lurleyfels
Da wo der Mondschein blitzet
Um's höchste Felsgestein,
Das Zauberfräulein sitzet,
Und schauet auf den Rhein.
Es schauet herüber, hinüber,
Es schauet hinab, hinauf,
Die Schifflein ziehn vorüber,
Lieb' Knabe, sieh' nicht auf!
Sie singt dir hold zum Ohre,
Sie blickt dich thöricht an,
Sie ist die schöne Lore,
Sie hat dir's angethan.
Sie schaut wohl nach dem Rheine,
Als schaute sie nach dir,
Glaub's nicht daß sie dich meine,
Sieh' nicht, horch nicht nach ihr!
So blickt sie wohl nach allen
Mit ihrer Äuglein Glanz,
Läßt her die Locken wallen
Unter dem Perlenkranz.
Doch wogt in ihrem Blicke
Nur blauer Wellen Spiel,
Drum scheu die Wassertücke,
Denn Flut bleibt falsch und kühl.
Nicolaus Vogt, 1821
Die sieben Jungfrauen
Was seufzet dort vom tiefen Rhein
Herauf, gleich Aeolsharfen?
Von sieben Köpfen hat's den Schein,
Grau in Gespensterlarven?
Es ist ein weiblich Strafgericht,
Doch, gute Mädchen! zaget nicht,
Und hört davon die Mähre,
Zur Warnung euch und Lehre:
Dort über Wesel's grünen Höh'n
In Schönbergs stolzen Sälen,
Regierten sieben Jungfrau'n schön,
Das Mannsgeschlecht zu quälen.
Ihr Anblick war ein Maientag,
Und Niemand widerstehen mag,
Wenn ihre Augen schmelzen;
Doch sind sie hart, wie Felsen.
Schon mancher Fürst und Ritter war
Hinauf zur Burg geritten,
Und bot sein Herz den Fräulein dar
In Zucht und edlen Sitten;
Sie zogen jeden Mann
Durch ihre Buhlerkünste an,
Doch Keinem konnt's gelingen,
Ihr stolzes Herz zu zwingen.
Oft haben sie, von Lust verführt,
Die Rheinfahrt unternommen,
Mit Laub und Blumen schön geziert,
Kam her ihr Kahn geschwommen,
Und von dem goldnen Schiffe stralt,
Wie auf das Wasser hingemalt,
Das Bild der sieben Frauen
Gar lieblich anzuschauen.
Mit gleichem Schlage rauschten vorn
Der Ruder blanke Späne,
Und zwischen ihnen schallten Horn-
Und süsser Flöten-Töne;
Und wenn's den Fräulein wohl gefiel,
Ergriffen sie ihr Saitenspiel,
Und sangen Minnelieder,
Süss hallt's im Lurley wieder.
Und als die Schatten in dem Thal
Des Tages Hitze kühlten,
Und auf dem flüssigen Kristall
Die Abendlüftchen spielten,
Verliessen sie das Goldverdeck
Und sprangen auf ein Felseneck,
Des Kleids sich zu entladen,
Und in dem Rhein zu baden.
Von ihren Körpern stralte Lust,
Als sie die schönen Glieder
Vom Gürtel lössten, und die Brust
Schwoll wallend auf nieder;
Und wie das reinste Elfenbein
Sah' man jetzt aus dem dunkeln Rhein
Sich rosig und voll Leben
Die schönsten Formen heben.
Da so sich in der Felsenbucht
Der Mädchen Leib enthüllte,
Schlich mancher Ritter her zur Schlucht,
Entzückt vom schönen Bilde,
Und schielte hinter Strauch und Stein
Hervor, wenn in dem klaren Rhein
Die Mädchen plätschernd spielten
Und ihre Glieder kühlten.
So kam auch Ritter Eberhard,
Gelockt von süssem Triebe,
Er wünschte nur mit Zucht gepaart
Der Mädchen Gegenliebe.
Doch da er jetzt dem Ufer nah
Der Fräulein freche Nacktheit sah,
Wand er hinweg die Blicke,
Und trat beschämt zurücke.
Da kam ihm heilig die Gestalt
Vom Mutter Gottes Bilde
Entgegen, was den Felsenspalt
Gar wunderlich erfüllte.
Sie schien, obwohl den Schönsten gleich,
So jungfräulich, so liebereich,
Und trug mit Freud und Schmerzen
Ihr göttlich Kind am Herzen.
Als Eberhard das Gnadenbild
Im heil'gen Schein gesehen,
Ward seine Brust mit Scham erfüllt,
Er hob so an zu flehen:
"O heil'ge Jungfrau! leih' zum Trutz
Der frechen Schaar mir deinen Schutz,
Daß ich gen die Gefahren
Mich ferner mögt' bewahren."
"Auch mir hat ihrer Schönheit Glanz
Verstand und Aug' geblendet;
Drum hab ich im Vertrauen ganz
Zu dir mich hingewendet.
Befreie mich von dieser Schmach,
Die ich nicht länger dulden mag;
Du bist ja mit Erbarmen,
Die Mutter aller Armen."
Als so der Ritter fromm und wahr
Der heil'gen Jungfrau klagte,
Indess der Mädchen kecke Schaar
Sich tief ins Wasser wagte,
Bewegt' sich das Marienbild
Und neigte sich gar gut und mild
Zum Ritter an dem Orte,
Und sprach die Schreckensworte:
"Nicht länger soll der freche Hohn
Den eitlen Mädchen glücken,
Sie sollen keinen Erdensohn
In Zukunft mehr berücken,
Sie mögen liegen, hart wie Stein,
Bis sie zu tragen aus dem Rhein
Ein Fürst sich wird getrauen,
Um eine Kirch' zu bauen."
Auf diese Rede stieß der Kahn
Schnell ab auf einen Felsen;
Die Bretter krachten, drauf und dran
Sich Wellen schäumend wälzen.
Das Schiff borst in der Mitt' entzwei
Und von dem hohen Lureley,
Rollt' vieler Steine Plunder
Wie Donnerschlag herunter.
Gleich wurzelten am Felsengrund
Die schönen weissen Glieder;
Sie sanken, sonst so weich und rund,
Erstarrt und eckig nieder;
Und ihre Busen voll und zart
Versteinerten sich rauh und hart;
Sie strotzten aus dem Rheine
Als sieben kalte Steine.
Nur wenn der stille Abendstern
Nach schwülen Sommertagen
Am Himmel glänzt, hört man noch fern
Und leise ihre Klagen.
Doch bleiben sie gar jämmerlich
Kalt und erstarrt; denn noch hat sich
Kein Fürstensohn gefunden,
Der sie hätt' losgebunden.
Heinrich Heine, 1823
Die Heimkehr
Ich weiß nicht was soll es bedeuten
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldenes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabey;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.
Den Schiffer, im kleinen Schiffe,
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh´.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lore-Ley getan.
Karl Geib, 1828
Die sieben Schwestern
Bey Wesel steht am grünen Rhein
Schloss Schönberg auf den wilden Höhen:
Dort lebten sieben Schwesterlein.
Wo einsam jetzt die Eichen wehen;
Sie waren rings in Stadt und Land
Die schönen Gräfinnen genannt.
Ihr Ruf erscholl auf jeder Bahn,
Und weckt die Ritter allenthalben:
Der kommt auf einem Rappen an,
Der auf dem Fuchs, der auf dem Falben;
Sich sonnend an der Schönen Blick,
Träumt mancher schon das nahe Glück.
So zieh'n die Freyer aus und ein,
Im Schlosse herrscht ein froh Getümmel;
Wohl mundet Speis und edler Wein,
Und Minnesang ertönt zum Himmel:
Erst mit dem rothen Abendstrahl
Trabt man hinweg durch Busch und Thal.
Das Wesen macht den Damen Spass.
Die haben viel sich zu erzählen
Die halbe Nacht ohn' Unterlass;
Doch keine will den Gatten wählen;
Dies wurmt den Herrn: und Einer spricht:
"Für Narren halte man uns nicht !
Hört nur! Wir schliessen einen Bund;
Die Fräulein sollen sich entscheiden;
Drum sagt es ihnen kurz und rund,
Dass sonst die Burg wir alle meiden!
Und naht sich and'rer Buhlen Zahl,
So trotzen wir mit blankem Stahl."
Schnell wird die Botschaft abgesandt;
Die Jungfrau'n das ein wenig schrecket:
Sie hatten wohl in losem Tand
Die Männer lange Zeit genecket;
Doch, weil die Muthung sehr verdross,
Sich jede gleich zur Rach' entschloss.
Sie halten Rath mit argem Witz.
Und schicken weg die schönste Zofe
In das Gebirg zum nächsten Sitz;
Sie trifft den Ritter auf dem Hofe,
Wo, mürrisch wandelnd auf und ab
Zum Jagdritt er Befehle gab.
Das Zöfchen neigt sich, und beginnt:
"Euch melden, Herr, die edlen Damen,
Dass sie zur Wahl entschlossen sind,
Und bitten Euch, in ihrem Namen
Zu kunden jedem Freyer an,
Dass nur das Loos entscheiden kann."
Gern hört der Ritter dieses Wort;
Die Botschaft geht auf allen Wegen:
Seht, wie die Herrn sich da und dort,
Gleich Schwalben, in dem Lenze, regen!
Sie jagen mit erfreutem Sinn
Von Ost nach West nach Schönberg hin.
Man führt die Fremden in den Saal,
Die Zofe naht mit leichtem Schritte
Erhebt den silbernen Pokal.
Und steht in der Versammlung Mitte:
Von Loosen, die hineingelegt
Der Ritter Farb' ein jedes trägt.
Und alle greifen rasch hinein.
Und alle von Erwartung glühen:
Sein Zeichen wählt ein jeder fein!
Doch sieben, welche Treffer ziehen,
Sind auch die Hässlichsten umher.
Trotz Igel, Eber, Wolf und Bär.
Die andern Ritter, wohlgestalt,
Besteigen fluchend ihre Rosse;
Die Sieben lachen, dass es schallt,
Und wandeln stolz einher im Schlosse;
Der Plumpste wirft das Haupt empor:
"Auf! Führt uns jetzt den Bräuten vor!"
Das Mädchen spricht: "Sie weilen dort
Im Gartensaal!" Durch grüne Bäume
Bewegt die Schaar sich nach dem Ort:
Doch unerfüllt sind ihre Träume.
Weil nur an hohen Wänden steh'n
Der Damen Bilder, zart und schön.
Und ein Gelächter tönt vom Rhein;
Man schaut: Die Jungfrau'n alle steigen
Recht zierlich in den Kahn hinein,
Geschirmt von Laub und Blüthenzweigen;
Sie necken höhnend noch hinauf,
Und fahren hin im Wogenlauf.
Die Schiffer rudern jenseits an;
Maulthiere warten schon der Damen.
Worauf sie bald zum Strand der Lahn,
Nach ihrem Felsenschlosse kamen,
Indess die Herrn voll Aerger glüh'n,
Und sachte weg von Schönberg zieh'n. -
Bey Wesel, wenn das Wasser fiel,
Sah man im Sonnenstrahle blitzen,
Erhoben aus dem Wellenspiel,
Oft sieben weisse Felsenspitzen;
Der Segler, der die Klippen kennt,
Sie noch die sieben Jungfrau'n nennt.
Adelheid von Stolterfoth, 1835
Die Schwesterfelsen bei Oberwesel im Rhein
Der junge Walther kehrt von Schönberg wieder
Und wankt zum Tode fort in bitt'rem Schmerz,
Auf ewig schweigen seine süssen Lieder,
Er ward verwöhnt in fürchterlichem Scherz.
Sechs Schwestern halfen Adelgunden
In Uebermuth und eitler Lust,
Mit kaltem Spott zu verwunden
Die stolze, treue Sängerbrust.
Gar mancher Ritter hat des Schlosses Hallen
Verlassen schon, um in den Tod zu geh'n,
Zwei sind verzweifelnd in der Schlacht gefallen.
Weil sie nicht konnten Liebe sich erfleh'n;
Zwei andre zogen in die Weite
Nach Palästinas fernem Strand,
Und zwei, nach eifersücht'gem Streite,
Erschlugen sich mit wilder Hand.
Doch ach! Verwöhnt, betrogen waren Alle,
Die sieben Schönen blieben kalt und frei.
Und dennoch fiel auch Walther in die Falle.
Weiht' Adelgunden seine Liebe treu.
Erst schien sie mild ihn zu verstehn,
Dann ward er fremd und stolz verschmäht.
Sie sieht ihn lächelnd von sich gehen
Und weiss, dass er zum Tode geht.
Er stürzt sich voll Verzweiflung in die Wogen
Die Wasser kühlen seines Busens Glut,
Die Erde flieht er wird hinab gezogen,
Wo mancher gold'ne Hort verborgen ruht.
Und bleicher werden seine Wangen,
Er fühlt nicht mehr des Herzens Schlag,
Er denkt nicht mehr mit Schmerz und Bangen
An seiner Jugend trüben Tag.
Manch Fischlein sieht er auf und nieder schweben,
Und freundlich sagt ihm ein bemooster Hecht:
"Du musst dich nun in Lurleys Haus begeben,
Ich führe dich, mein schmucker Edelknecht.
Die Sitte will seit alten Tagen,
Dass du der Königin sogleich
Die Schmerzen musst und Leiden klagen,
Warum du flohst in unser Reich."
"Und hat sie dich gerecht und gut befunden,
So nimmt sie dich als milde Herrin auf
Und plötzlich heilen alle deine Wunden,
Denn du beginnest schönern Lebenslauf;
Doch hast du die gewagte Reise
Als Schelm gemacht und wüster Thor,
Dann, Lieber, dienest du zur Speise
Uns, ihrer Boten schnellem Chor."
"Die besten Ritter sind bei ihr zu schauen,
Doch auch gemein'rer Pöbel wird dir nah'n,
Auch triffst du schöne Mädchen, edle Frauen
Aus guten, hochberühmten Häusern an.
Noch kürzlich kam herabgeschwommen
Gisella Brömser, wunderhold,
Sie ward gar freudig aufgenommen,
Trägt eine Harfe nun von Gold."
Er schweigt und eilt voran, der graue Schwimmer.
Und Walther folgt ihm zu der Lurley Haus.
Es steht umstralt von diamant'nem Schimmer
Und seelig breitet er die Arme aus. -
Er hört ein wunderbares Klingen
Und manchen halbvergess'nen Sang.
Sind's Nixen, die so lieblich singen?
Ist's goldner Harfen süsser Klang?
Nun tritt er in die reichgeschmückten Hallen
Und Frau'n und Recken grüssen ihn so mild,
Bald sieht er lange Silberschleier wallen
Und vor ihm steht der Lurley schönes Bild.
"Was willst du, Jüngling?" fragt sie leise,
"Warum verliessest du die Welt?
Oft sangst du schön zu ihrem Preise
Und warst im Kampf ein tapfrer Held."
"O Lurley! Königin der stillen Tiefen,
Die Liebe hat mich in den Tod gejagt!
Als mir im Busen alle Lieder schliefen
Und selbst die Harfe jeden Trost versagt,
Da sucht' ich Ruh' in deinen Fluten,
Für mein gebrochnes wundes Herz,
Und sieh! schon hört es auf zu bluten,
Vergessen ist der Erde Schmerz."
"Er sey vergessen - lebe fröhlich wieder,
Und deine Harfe töne süsser fort.
Doch auf, ihr Nixen, singet Zauberlieder,
Ihr Winde, tragt sie rasch nach Schönberg dort,
Lockt sie herab mit Schmeicheltönen
Die sieben Schwestern, stolz und kalt.
Und keine Macht soll mehr versöhnen
Der Lurley rächende Gewalt."
Die Nixen singen und die Winde rauschen,
Schon hallt es süss zur Grafenburg empor.
"Ein Ständchen wohl?" Die schönen Jungfrau'n lauschen,
Und Eine folgt der Andern aus dem Thor.
"Wohin, wohin?" "Auf sanfter Welle
Wir schaukeln horchend uns am Strand;"
Schon ist ein kleines Schiff zur Stelle -
Wer stösst es denn so mild vom Strand?
Ha! unaufhaltsam treiben sie die Wogen
In wilden Wirbeln von dem Ufer weit,
Und plötzlich ist der Himmel schwarz umzogen,
Die Lurley taucht empor im Nebelkleid.
"Halt!" ruft sie streng das Schiff bleibt stehen,
Gehorsam sind ihr Well' und Wind
"Die Strafe folget dem Vergehen,
Seyd ganz was Eure Herzen sind."
Das Schiff versinkt, bald schweigen alle Klagen,
Die sieben Schwestern wandeln sich in Stein,
Und ihre kahlen Felsenhäupter ragen
Starr, unbewegt und traurig aus dem Rhein.
Zwei Pilger, die zur Heimath ziehen,
Seh'n staunend sich das Wunder an.
Hell scheint der Mond, die Wogen ziehen
Bald wieder still die alte Bahn.
Friedrich Förster, 1838
Lurley
In dunkler Felsenbucht am Rhein,
Da pflegt Schön-Lurley zu hausen,
Es blüht keine Rebe, es grünet kein Wein,
Keine Blume, kein Halm auf dem öden Gestein,
Kein Schiffer legt dort den Nachen an,
Kein Waidmann suchet die steile Bahn,
Sie ziehen und fliehen vorüber.
Und kommt nun der Mond bei nächtlicher Zeit
Herauf an dem Himmel gezogen,
Da zeigt sich im Wasser ein schimmerndes Kleid,
Mit blendenden Armen die schönste Maid;
Sie jammert, sie ruft mit bangem Ton:
O rettet! o helft! ich versinke schon,
O rettet, sonst bin ich verloren.
Der Wandrer erblickt die holde Gestalt,
Es dringt ihm der Ruf an die Seele,
Da wirft er sich kühn in des Stromes Gewalt,
In die Fluth, die am Felsen wiederhallt.
Schön-Lurley ergreift ihn, sie hält ihn umfaßt:
"Nun bleibst du hier unten mein trautester Gast
Und kehrst zu der Heimath nicht wieder."
Friedrich von Sallet, 1838
Es sitzt auf dunkler Klippe
Es sitzt auf dunkler Klippe
Die lichte, gewaltige Fei;
Sang strömt von süßer Lippe
Der süßen Lorelei.
Wohl alle können's hören,
Doch viele fassen's nicht.
"Laß, Knabe, dich nicht betören!"
Die graue Klugheit spricht.
Dort unten auf den Wellen,
Arbeitend, rudern viel':
Daß sie nur nicht zerschellen,
Das ist ihr höchstes Ziel.
Sie schließen den Sangeswonnen
Verstockt die störrige Brust,
Und meinen viel gewonnen,
Entrannen sie der Lust.
Das Lied von süßem Tone
Vernehmen sie nimmermehr;
Ihr Los ist ewige Frone
Und Ruderarbeit schwer.
Wem aber warmes Leben
Und Mut im Busen wallt,
Der hat sich ganz ergeben
Der hohen Sangesgewalt.
Der läßt das Ruder fallen,
Und achtet's nicht für Not,
Wenn von des Wirbels Wallen
Verschlungen wird sein Boot.
Nun ruht er, weich umkoset,
Tief unten in süßem Traum;
Des Lebens Müh' vertoset
Im stillen Kristallenraum.
Und in die Träume mengt sich
Das Lied der Lorelei,
Und Märchenwonne drängt sich
In süßem Gewirr herbei.
Wohl mir, daß mich mit Schäumen
Der heilige Strom verschlang,
Ich liege schon lang in Träumen
Und horche dem Wundergesang.
Joseph von Eichendorff, 1841
Der stille Grund
Der Mondenschein verwirret
die Täler weit und breit,
die Bächlein, wie verirret,
gehn durch die Einsamkeit.
Da drüben sah ich stehen
den Wald auf steiler Höh',
die finstern Tannen sehen
in einen tiefen See.
Ein Kahn wohl sah ich ragen,
doch niemand, der es lenkt,
das Ruder war zerschlagen,
das Schifflein halb versenkt.
Eine Nixe auf dem Steine
flocht dort ihr goldnes Haar,
sie meint', sie wär' alleine,
und sang so wunderbar.
Sie sang und sang, in den Bäumen
und Quellen rauscht' es sacht
und flüsterte wie in Träumen
die mondbeglänzte Nacht.
Ich aber stand erschrocken,
denn über Wald und Kluft
erklangen Morgenglocken
schon ferne durch die Luft.
Und hätt' ich nicht vernommen
den Klang zu guter Stund',
wär' nimmermehr gekommen
aus diesem stillen Grund.
Wolfgang Müller von Königswinter, 1846
Rheinfahrt
Doch siehe, welch ein wundervoller Ort!
Bin ich bezaubert? Dunkle Höhn umfassen
Aufragend steil die Wasser hier und dort,
Es streckt ein Fels die kolossalen Massen
Vor mir zum Himmel auf, rothpurpurn glühn
Im Abendlicht die obersten Terrassen,
Und eine Jungfrau schlank und hehr und kühn,
Tiefernst den Blick, die Haare goldenflechtig,
Läßt Lieder vollen Klangs dort tönend sprühn!
Sie fassen mir die Seele zaubermächtig.
Die Lorelei! - Der Schiffer schaut und lauscht,
Der Fahrt vergessen. Weh, am Felsenriffe
Zerschellt der Kahn! Die nasse Woge rauscht
Verderbend ob dem Jüngling und dem Schiffe! -
Seltsames Bild, das hier den Geist durchzieht! -
Des Dichters Saite rauscht im kühnen Griffe.
Die Sage dienet zum Symbol dem Lied:
Der eine legt hinein das Recht der Liebe,
Worin der Freiheit Recht ein andrer sieht,
Das frisch zum Kampf und Tod die Seele triebe.
O deutsche Sage, wunderbare Frau,
Du lösest anders mir die dunkle Frage!
Die Jungfrau ist der Geist von diesem Gau. -
Wer hier einst hingelebt die goldnen Tage,
O, der vergißt die süßen Reize nie,
Dem Rheine fern, erhebt er stille Klage,
Er kehret stets, wo herrlich ihm gedieh
Voll Lust und Segen ein hellblühend Leben! -
O Lorelei, Geist unsrer Poesie,
Wer dich erkannt, ist ewig dir ergeben!
Mark Twain, 1880
An ancient legend of the Rhine
I cannot divine what it meaneth,
This haunting nameless pain:
A tale of the bygone ages
Keeps brooding through my brain;
The faint air cools in the gloaming,
And peaceful flows the Rhine,
The thirsty summits are drinking
The sunset's flooding wine;
The loveliest maiden is sitting
High-throned in yon blue air,
Her golden jewels are shining,
She combs her golden hair;
She combs with comb that is golden,
And sings a weird refrain
That steeps in a deadly enchantment
The listener's ravished brain;
The doomed in his drifting shallop,
Is tranced with the sad sweet tone,
He sees not the yawing breakers,
He sees but the maid alone;
The pitiless billwos engulf him! -
So perish sailor and bark;
And this, with her baleful singing,
Is the Lorelei's gruesome work.
Carmen Sylva, 1884
Lorelei
Das Wasser kraust sich noch immer dort,
Doch gleiten die Menschen darüber fort,
Sie hören das heimliche Locken nicht,
Sie schauen nicht mehr der Hexe Gesicht,
Denn in der Schule, da wird es gelehrt,
Der Hexenglauben sei ganz verkehrt.
Doch droben liegt sie, die Lorelei,
Und läßt die kleinen Krämer vorbei,
Und lacht der Klugen, der Welt, der Zeit,
Und liebt und leidet in Ewigkeit.
Julius Wolff, 1886
Im Burschenband
Die Zeiten wechseln und jagen,
Umwandelnd waren schon
Seit König Ruprechts Tagen
Vierhundert Jahr entflohn.
Die Burgen waren verfallen
Zu Trümmern, wüst und leer,
Und Ritter und Vasallen
Dahin mit Schild und Speer.
Und Rost und Würmer nagten
Im Städtchen an Riegel und Tor,
Bemooste Türme ragten
Aus bröckelnden Mauern empor.
Wohl andre Ratsherrn gingen
Zu Rate nun und Wein,
Und andre Fischer fingen
Den Salmen aus dem Rhein,
Als da in Herrlichkeiten
Graf Dieter hielt Lehensschau
Zu Peter Sandrogs Zeiten
Und Frei's von Paffenau.
Doch in dem alten Bette
Floß noch der breite Strom
Durch seiner Berge Kette
Vorüber an Stadt und Dom.
Er hatte Kriegsgefahren
Und Mord und Brand gesehn,
Von räuberischen Scharen
War ihm viel Leids geschehn.
Doch sein Gelände grünte
Von Reben hoch hinauf,
Mit Traubenblute sühnte
Er schwerer Zeiten Lauf.
Der Sorgen schnell vergaßen
Leichtherzigen Geschlechts
Die lustigen Zecher und saßen
Am Ufer links und rechts.
War Frieden nur im Lande,
So war auch Fröhlichkeit,
Und an des Bechers Rande
Hing Leben und Seligkeit.
So war denn nach dem Lesen
Mal wieder in Sankt Goar
Ein guter Herbst gewesen;
Ein Weinchen, frisch und klar,
Versprach der Most zu werden,
Der aus der Kelter floß,
Und den zum Trost auf Erden
Man in die Fässer goß.
Schon ward das Laub der Reben
Am Berge goldig braun,
Der Sommerfäden Weben
Flog über Dach und Zaun.
Durchdringend schien mit Locken
Der Morgensonne Strahl,
Die Luft ging warm und trocken
Durchs herbstlich bunte Tal,
Daß man den Staub sah streichen,
Der auf den Wegen lag, –
Es gab nach allen Zeichen
Heut einen durst'gen Tag.
Drum ward er auch gesegnet
Den Braven in Sankt Goar,
Denn was nicht oft begegnet,
Ward ihnen freudig wahr.
Beim Zollhaus, das am Rheine
Aus alten Zeiten stand,
War's, wo die halbe Gemeine
Sich heut zusammenfand.
Sie lachten und trieben Possen
Und jubelten, dicht gedrängt
Um einen, der geschlossen
Ins Burschband war gezwängt.
Es war an die Mauerfließen
Geschmiedet ein breiter Ring
Zum Öffnen und zum Schließen,
Daß er den Hals umfing.
Der Fremde kam gegangen
Und frug nach einem Wirt,
Da hatten sie ihn gefangen
Und in das Eisen geschirrt.
Wie an den Pranger gekettet,
Stand er voll Ungeduld,
Als hätt' er das Leben verwettet
Durch eine schwere Schuld.
»Spielt also man zu Lande,«
Rief er, »dem Gaste mit?
Führt hier zu Schimpf und Schande
Des freien Wandrers Schritt?
Nichts hab' ich angezettelt,
Was Sitte nicht erlaubt,
Gestohlen nicht, noch gebettelt,
Gemordet oder geraubt;
Hab' einen Paß zum Reisen
Von löblicher Polizei,
Drum aus dem verwünschten Eisen
Gebt gleich den Hals mir frei
Und lasset meine Straßen
Mich weiter ziehn in Ruh!«
Da lachten sie über die Maßen
Und riefen ihm spöttisch zu:
"Daß du zum Morden und Rauben
Nicht hergekommen bist,
Das wollen wir dir glauben,
Doch bist du auch ein Christ?
Wir lassen dich nicht laufen
Als Heiden in die Welt,
Wir müssen dich erst taufen,
Das Becken ist bestellt.
Die Ehre seit Karl dem Großen
Man hier dem Gast erweist,
Du mußt dich nicht dran stoßen,
Daß sie das Hänseln heißt."
"Ich nehme sie für genossen
Und sag' euch allen Dank.
Auch eh ihr mich begossen
Mit Karls des Großen Trank!"
"Nein, nein! es muß was fließen,
Eh zu den Christen du zählst,
Sag' nur, ob zum Begießen
Du Wein oder Wasser wählst."
"Nun gar noch! ich und Wasser?
Und darum an den Rhein?
Ist mal eu'r Brauch ein nasser,
Tauft wenigstens mit Wein!"
Da jauchzten sie ohn' Ende
Und schlossen ihn los im Nu
Und schüttelten ihm die Hände
Und lachten und sprachen dazu:
"Die Antwort war nicht übel,
Denn hätte das Wasser gesiegt,
Hätt'st einen vollen Kübel
Du über den Kopf gekriegt."
Sie zogen in hellem Haufen
Mit ihm zur ›Lilie‹ hin,
Und da begann das Taufen
Erst recht nach ihrem Sinn.
Er hielt die wackern Zecher
Dort auf sein Kerbholz frei
Und trank aus silbernem Becher
Aufs Wohl der Kumpanei.
Ihm ward die Kehle zum Lohne
Fürs Burschband brav genetzt,
Und eine goldne Krone
Ward ihm aufs Haupt gesetzt.
Und haften mit ihnen blieb er
Im uralten Wirtshaus am Rhein,
Ins Hänselbuch aber schrieb er
Clemens Brentano sich ein,
Poet von Stand und Wesen; –
Sie glotzten ihm ins Gesicht,
Denn keiner hatte gelesen
Von ihm ein einzig Gedicht.
Und wie sie nun so saßen
Ums aufgelegte Faß,
Die Trinkerkräfte maßen
Und plauderten dies und das,
War heimisch bald geworden
Der Fremdling im Verein
Und sprach. "Vom Hänselorden
Ihr lieben Brüder mein,
Habt ihr so schöne Sachen,
Die einem den Aufenthalt
So angenehm hier machen,
Nicht mehr noch der Gestalt
Wie eure Mordskravatte,
Fein zierlich, fest geknüpft,
Die um den Hals ich hatte,
Und draus ich kaum entschlüpft?
Ich möchte den Ruhm euch mehren
Um andre Dinge noch,
Als um das Heidenbekehren
Im runden Eisenjoch."
Sie horchten auf mit Staunen,
Ob das sein Ernst wohl sei,
Dann ging durch sie ein Raunen,
Sie dachten an Lorelei.
Und einer vom Gelage
Erbat das Wort für sich.
"Uns wundert deine Frage,
Denn, Bruder Clemens, sprich,
Hast du noch nichts erklingen
Von Lorelei gehört,
Der Zauberin, die mit Singen
Die Männerherzen betört?
Auf jenem Fels dort hauset
Die schöne, schlimme Fei,
Vor der dem Schiffer grauset,
Fährt unten er vorbei.
In Unglück und Verderben
Lockt sie mit ihrem Lied,
Vor Liebesweh muß sterben,
Wer's hört und wer sie sieht."
Die Reihe, zu erstaunen,
Nun an Herrn Clemens kam,
Hoch zog er die Augenbraunen,
Als er die Rede vernahm.
Und schnell mußt' er erwidern:
"Eine schöne Zauberin?
Und die mit Liebesliedern
Berückt der Männer Sinn?
Hat nie ein kühner Streiter
Den Kampf mit ihr gewagt?
Spinnt mir das Märlein weiter,
Und was ihr wisset, sagt!"
"Du wirst nicht viel erfahren;
Nur noch zu künden bleibt,
Daß hier seit grauen Jahren
Sie schon ihr Wesen treibt.
Und vielen hat sie, vielen
Gebracht den Untergang
Mit Locken und mit Spielen
Und zaubersüßem Sang.
Es steht im Totenbuche
Bei manchem, der verschied:
›Gestorben an Lurleis Fluche,
Verdorben von Lurleis Lied‹."
"Hört," sprach Herr Clemens wieder,
"Ich fahr' in Fröhlichkeit
Durchs Reich und fahnd' auf Lieder
Aus altvergangner Zeit.
Sie quellen in aller Runde
Aus unversieglichem Born
Und tönen in Volkes Munde
Gleich einem Wunderhorn.
Könnt singen ihr oder sagen
Ein Lied der Lorelei,
Daß ich es heim kann tragen
In meine Bücherei?"
Sie schüttelten mit Verneinen:
"Nicht einer, dem sie sang,
Kam lebend zu den Seinen,
Weil ihm das Herz zersprang.
So konnte keiner melden
Das Lied, dem er gelauscht,
Von all den jungen Helden,
Die sie damit berauscht.
Drum laß den Rat dir taugen:
Bleib ihrem Felsen fern,
Daß nicht vor ihren Augen
Dich läßt dein guter Stern!
Sie sitzt im Abendscheine
Und strählt ihr langes Haar,
Blickt lauernd hinab zum Rheine
Und singt dich in Gefahr."
Des Dichters Tiefblick klebte
An seines Römers Rund,
Ein sinniges Lächeln schwebte
Um seinen blühenden Mund.
Sie weckten ihn aus Träumen.
"Wohlauf, du grübelnder Mann!
Laß klingen, laß brausen und schäumen,
Was über die Seele dir rann!
Das ist das beste beim Trinken
Hier unter den Reben des Rheins,
Daß Grillen und Sorgen versinken
Wie nirgends in Wellen des Weins.
Hier schwinden die schwersten Bedenken,
Heimweh und Kummer und Schmerz,
Hier wird beim Becherschenken
Dir federleicht das Herz.
Stoß an auf Freiheit und Leben,
Auf Lust und Liebesglück!
Du hast dich uns einmal ergeben,
Sehnst immer dich wieder zurück."
Anstimmten die fröhlichen Zecher
Das Lied ›Bekränzt mit Laub
Den lieben vollen Becher!‹
Und löschten den brennenden Staub.
So saßen sie in der Lilie
Und hielten mit Bedacht
Weltlustige Vigilie
Bis spät nach Mitternacht.
Sie tranken, die Römer schwingend,
Dem Bruder fleißig zu
Und trugen ihn auch singend
Ins Bett hinein zur Ruh. –
Die liebe Sonne lachte
Schon hoch am Himmelsraum,
Als Clemens ächzend erwachte
Aus einem schweren Traum.
Ihm träumt', er wäre voll Würde
Ein Bischof, fromm und reich,
Von vieler Jahre Bürde
Sein Scheitel silberbleich.
Und zu ihm käme geschritten
In seine Sakristei
Mit flehentlichen Bitten
Die schöne Lorelei.
Die Augen blitzten und blinkten,
Es glänzt' ihr goldnes Haar,
Die Lippen lockten und winkten
Ach! süß und wunderbar.
Sie bat ihn, sie vom Bösen
Und von dem ewigen Fluch
Zu retten und zu lösen
Mit seinem heiligen Buch.
Sie wollte nicht mehr auf Erden
Verführen der Männer Herz,
Sie wollt' eine Nonne werden
Und büßen in Pein und Schmerz.
Er aber schrak zusammen;
Vor ihren Blicken stand
Sein eignes Herz in Flammen
Trotz seinem Bischofsgewand.
"Ich kann den Zauber nicht bannen,
Der dir in den Augen liegt;
Zieh ungelöst von dannen,
Du hast auch mich besiegt!"
Erst blickte sie stumm und traurig
Ihm in sein frommes Gesicht,
Dann lachte sie schrill und schaurig:
"Herr Bischof, verfangt Euch nicht!
Wollt wahren Ihr Herz und Glauben,
Kommt niemals an den Rhein
Und trinkt in rheinischen Lauben
Nie einen Tropfen Wein!
Die Reben und die Minne,
Sie geben Euch nimmer frei,
Und um Verstand und Sinne
Bringt Euch die Lorelei."
Sie wandte sich, ihn zu lassen;
Doch plötzlich wieder jung,
Wollt' er sie rasch umfassen
Mit seiner Arme Schwung.
Da fühlt' er mit Schrecken und Schnaufen
Am Hals ihre würgende Hand,
Als wär' er noch einmal zum Taufen
Ins Burschband eingespannt.
Die Hänselbrüder umstunden
Ihn wieder, ein ganzer Hauf,
Doch Lurlei war verschwunden, –
Und keuchend wacht' er auf.
Fürbaß die Wanderpfade
Zog Clemens frank und frei
Und machte die Ballade
Von der schönen Lorelei.
Das Lied ging in die Runde,
Kehrt' allerwegen ein
Und brachte der Welt die Kunde
Von der Zauberin am Rhein.
Die sitzt in Ewigkeiten
Auf ihrem Berg und singt
Und sieht das Schifflein gleiten,
Das euch vorüberbringt.
Wenn ihr sie seht und höret,
So nehmt eu'r Herz in acht,
Daß sie euch nicht betöret
Mit ihrer Liebesmacht!
Jean Erlanger, 1888
Die Loreley
Ich weiß nicht, warum miserabel
Zu Muth mir und ich so moros.
Eine längst antiquirte Fabel
Läßt mich partout nicht los!
Das Thermometer sinket,
Phlegmatisch fließt der Rhein.
Die Bergterasse blinket
Superb im Abendschein!
Dort oben hat sich placiret
Ein Mädchen charmant in der That;
Sie ist mit Brillanten garniret
Und macht Toilette gerad'.
Mit gold'nem Kamm sich frisirend
Eine Arie sie intonirt,
Die, complet elektrisirend,
Ganz virtuos war komponirt!
Den Schiffer im Liliputkahne
Ergreift vehementes Weh!
Er sieht nur die Courtisane
Dort oben im Negligé!
Enfin, das Ende der Fabel:
Er sank mit Eclat in den Rhein,
Und dafür ist responsabel
Die Loreley allein!
Arno Holz, 1892
In der Sonnengasse
In der Sonnengasse zu Sankt Goar,
da kämmt sich die Resi ihr schwarzes Haar.
Sie lacht in den Spiegel verstohlenen Blicks,
silbern über ihrem Bett hängt ein Kruzifix;
ihr Pantöffelchen klappert, ihr Schnürleib kracht:
Heute Nacht!! Heute Nacht!!
In der Sonnengasse zu Sankt Goar,
da wohnt ihr schrägüber ein junger Scholar.
Der propft sich in den Schädel lauter dummes Zeug,
schwarz auf seinem Pult liegt der Pentateuch.
Da streift ihn die Sonne, und sein Leder kracht:
Heute Nacht!! Heute Nacht!!
Lene Voigt, 1925
De säk'sche Lorelei
Ich weeß nich, mir isses so gomisch -
Un ärchendwas macht mich verstimmt.
S'is meechlich, das is anadomisch,
Wie das ähmd beim Mänschen oft gimmt.
De Älwe, die bläddschert so friedlich,
Ä Fischgahn gommt aus dr Tschechei.
Drin sitzt 'ne Familche gemiedlich,
Nu sinse schon an dr Bastei.
Un ohm uffn Bärche, nu gugge,
Da gämmt sich ä Freilein ihrn Zobb.
Se schtriecheltn glatt hibbsch mit Schbugge,
Dann schtäcktsn als Gauz uffn Gobb.
Dr Vader da unten im Gahne
Glotzt nuff bei das Weib ganz entzickt,
De Mudder meent draurich: "Ich ahne,
Die macht unsern Babbah verrickt."
Nu fängt die da ohm uffn Fälsen
Zu sing ooch noch an ä Gubbleh.
Dr Vader im Gahn dud sich wälsen
Vor Lachen und jodelt: "Juchheh!"
"Bis schtille", schreit ängstlich Ottilche.
Schon gibbelt ganz furchtbar der Gahn,
Un blätzlich versinkt de Familche ...
Nee, Freilein, was hamse gedan!
Jörg Ritzel, 1928
Alle Sieben
Laß küssen dich, Mädel, sonst holt dich der Rhein!
Er schluckte im Zorn sieben Jungfräulein,
Sie wollten nicht küssen, nicht lieben:
Sie saßen und sangen im felsigen Haus
Und lockten die Freier und lachten sie aus,
Alle sieben.
Der Alte ergrimmte, es rollte sein Bauch:
"An meinem Gestade herrscht ehrlicher Brauch,
Da wird solches Spiel nicht getrieben!
Ihr brachtet in Schande mir Krone und Reich,
Drum gürtet den Leib euch mit Unke und Schleich,
Alle sieben!"
Sie weinten, sie greinten: "O Alter, halt ein!"
Doch wilder nur lachte der rasende Rhein:
"Wart', Jungfern, ich lehre euch lieben!"
Er packte die Spröden bei Bügel und Bund
Und zog sie hinunter zum grausigen Grund,
Alle sieben.
Da wurde zu Stein ihr gefühlloses Herz,
Der Busen zu Fels und die Lippen zu Erz,
So sind sie im Strome geblieben.
Drum sei nicht so spröde, schön Susekathrein,
Sonst sieht dich der Alte und zieht dich hinein,
Wie die sieben!